Wendelstein Eisige Kälte liegt über Franken. Das Quecksilber sinkt in sternklaren Nächten örtlich bis auf minus 20 Grad. Niemand käme bei diesen Temperaturen auf die Idee, sein warmes Bett freiwillig gegen Schlafsack und Zelt zu tauschen. Bis auf eine Gruppe Unerschrockener: Im alten Wendelsteiner Steinbruch campen noch bis heute sechs wackere Gruppenleiter der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) mit Sondergenehmigung des Försters in einem Winter-Zeltlager. Die AZ hat sie besucht.
„Im Sommer zelten kann ja jeder“, lacht Uwe Drobig (23), während er sich seine Finger überm Feuer reibt. „Meine Hände sind warm, aber die Zehen eiskalt“, stellt er nach der ersten Nacht fest. Nicole Maul (21), einzige Frau, nickt zustimmend. Eiskalte 15,6 Grad minus haben sie vergangene Nacht vorm Zelt gemessen. Kein Zeltlager für Weicheier.
Erfrorene Nasen oder Frostbeulen an den Füßen – Fehlanzeige. „Mit Mützen und Handschuhen im Schlafsack war’s richtig warm“, sagt Nicole Maul. Pfadfinder – auch im 21. Jahrhundert immer auf der Suche nach Abenteuern. Morgendliches Waschen und Zähneputzen muss aber ausfallen. Der Wasserkanister ist ein einziger Eisklumpen. „Zwei Tage geht das schon mal“, meint Markus Rechsteiner (43). Die Runde grinst. Das große Zelt hat keine spezielle Kälte-Isolierung und sogar ein großes Loch mitten im Dach, als Rauchabzug fürs Lagerfeuer. Die Schlafsäcke liegen auf dem blanken Eis; als minimale Wärme-Unterlage nur eine Isomatte. Mit reichlich Glühpunsch, König-Ludwig-Dunkel und Chili trotzten sie am ersten Abend der fränkisch-sibirischen Kälte. Was bitterkalte nächtliche Austritte zur Folge hatte.
Belohnt wurden die sechs Eiscamper gestern gleich nach dem Aufstehen mit einem Traumtag in einer tief verschneiten Wald-Landschaft: blauer Himmel und viel Sonnenschein in fast unberührter Natur. Dann ging’s erstmal im Steinbruch auf Höhlen-Tour – Pfadfinderherz was will’ste mehr?
Bericht. Martin Keidel Quelle: AZ